Bei einer der schlimmsten Migrations-Tragöden der Kanarischen Inseln sind am Mittwoch mindestens sieben Menschen gestorben, darunter drei Kinder und vermutlich auch ein Baby. Und das im eigentlich rettenden Hafen La Restinga auf El Hierro (mehr dazu unten). Es ist die sichtbarste und vielleicht schlimmste Tragöde der vergangenen Monate. Und doch spielen sich jeden Tag tragische Szenen auf den Kanaren ab, die teilweise unsichtbar bleiben.
Die Kanarischen Inseln betreuen viel mehr Kinder und Jugendliche als es die Kapazitäten vorsehen. In der Spitze waren es 5566 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Migranten. Vorgesehen sind 718 Plätze. Damit erreichen die Kanaren eine Überbelegung von 675 Prozent gegenüber der festgelegten und 480 Prozent bezogen auf die theoretisch verfügbare Kapazität. Den Kindern gerecht werden können die Kanaren längst nicht mehr.
Eine Gesetzesänderung an Artikel 35 des Migrationsgesetzes verpflichtet die anderen spanischen Regionen dazu, solidarisch zu helfen. Trotz eines Urteils des Obersten Gerichtshofs erfolgt das jedoch nicht. Sogar das Gericht forderte nun eine Erklärung. Unterdessen geht das Drama auf den Inseln weiter:
Kanaren mit Migranten-Kindern überfordert
Das zuständige Ministerium in Spanien hat eine Tabelle erstellt und bei der Sitzung der Sektorkommission für Kinder und Jugendliche in Madrid vorgelegt. Demnach wurde die Zahl der Minderjährigen festgelegt, die jede Region aufnehmen müsste. Die Kanaren erreichen eine Zahl von 718. Vor Ort wird die Kapazität um 4848 überschritten.
Zum Vergleich: Andalusien liegt um 1372 Kinder und Jugendliche unter Plan, in der Region Valencia ist es ein Minus von 1216 und in Galicien eine Schuld von 620 Plätzen. Katalonien hat ein Defizit von 136 Plätzen und Madrid eines von 83.
Neben den Kanarischen Inseln erreicht auch Ceuta eine zu hohe Zahl. Dort sind 526 statt der vorgesehenen 27 Plätze belegt. Auf den Balearen sind es 622 statt 396. Melilla erreicht eine Zahl von 193 gegenüber 28 vorgesehenen Plätzen.
„Migrationsbedingter Notstand“ auf den Kanaren
In dem Dokument heißt es, die Kanarischen Inseln würden eine Auslastung von 107 Prozent erreichen, laut Regierung sind es jedoch 480 Prozent. Das regionale Ministerium bat umgehend um Korrektur.
Nach Berechnungen der spanischen Zentralregierung in Madrid kamen im vergangenen Jahr 15.612 Kinder und jugendliche Migranten nach Spanien – die meisten von ihnen auf die Kanarischen Inseln und nach Ceuta. Für eine faire Umverteilung wurde ein Schlüssel von 32 Minderjährigen pro 100.000 Einwohner festgelegt und gerichtlich bestätigt.
Bei einer Übertretung um das Dreifache kann der „migrationsbedingte Notstand“ in einer Region ausgerufen werden. Auf den Kanarischen Inseln ist das seit vielen Monaten der Fall. Konkrete Unterstützung bleibt dennoch weiter aus.
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Kanaren: Migranten kentern im Hafen – Kinder und ein Baby sterben vor El Hierro
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Kanaren-Migration: Aufnahmezentren um 480 Prozent überbelegt
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