Fragen waren nicht erlaubt. Und auch sonst war der Auftritt eher kurz. Insbesondere im Verhältnis zur vorherigen Dauer der Diskussionen. Denn die rechtspopulistische VOX-Partei hat in Spanien mit ihrem Koalitionspartner gebrochen. Der Grund sind Geschehnisse auf der Kanarischen Inseln.
Die christlich-konservative PP ist in mehreren Regionen Spaniens eine Koalition mit der rechts-nationalistischen Vox-Partei eingegangen. Beide Parteien einen konservative Glaubenssätze. Doch die VOX ist deutlich radikaler in ihren Ansichten und steht politisch ein ganzes Stück weiter rechts der PP. Insbesondere, doch nicht ausschließlich, in Migrationsfragen bot das immer wieder Sprengstoff.
Seit Wochen wird auf den Kanaren über minderjährige Migranten gestritten. Die einzige Lösung ist eine gerechte Umverteilung im Land. Aufgrund der Alternativlosigkeit ließ sich die PP auf Gespräche ein. VOX drohte mit einem Koalitionsbruch, sollte man zustimmen. Und der wurde nun vollzogen.
Kanaren lassen Spaniens konservative Koalition brechen
Zwei Wochen wurden seitens der VOX-Partei Drohungen ausgesprochen. Doch der Termin, in dem es zum Showdown auf Teneriffa kommen sollte, stand. Denn die jährliche Sektorkonferenz war bereits terminiert und die Argumente lagen auf der Hand:
40 Prozent aller unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge leben auf 1,5 Prozent des spanischen Staatsgebiets: den Kanaren. Die Inseln sind entsprechend überfordert. Und nur eine Gesetzesänderung, die zur solidarischen Umverteilung im Land führt, verhindert eine Ghettoisierung des kanarischen Archipels.
Dieser stimmte die PP zu. Und VOX machte ernst. Nach Wochen der Drohung hatte sich die rechtskonservative Parteiführung ins Abseits manövriert. Wer so klare Drohungen ausspricht, muss am Ende handeln – schon allein, um im eigenen Lager keinen Aufruhr zu provozieren.
Wegen Kanaren: So beendete VOX Spaniens konservative Koalition
Und so kam es zu einem Auftritt, bei dem keine Fragen zugelassen wurden. Gegen zehn Uhr abends trat die Parteiführung nach einer letzten, dreistündigen Krisensitzung vor die Kameras und verkündete über ihren Vorsitzenden Santiago Abascal das Aus der Koalition. Die Regionalräte würden umgehend von ihren Ämtern zurücktreten und dem Kopf der Koalition, Alberto Núñez Feijóo (PP), ihre Unterstützung entziehen, hieß es knapp.
Abascal sagte: “Feijóo hat es für richtig gehalten, mit dem Autokraten zu paktieren.” Gemeint ist damit Spaniens Präsident Pedro Sánchez (PSOE). Und so fügte der VOX-Chef mit Blick auf die zurückliegenden spanischen Parlamentswahlen an: “Wir haben vielleicht manchmal zu viel nachgegeben, um diese Regierungen zu schützen. Aber es ist unmöglich, mit jemandem einen Pakt zu schließen, der das nicht will, mit jemandem, der uns eine Politik der offenen Grenzen aufzwingen will.”
Kanaren-Migration: Vox bedient populistische Narrative
VOX bedient dabei das Narrativ, dass die PP offene Grenzen wolle und das für VOX unvereinbar wäre. De facto jedoch wird mit der Änderung von Artikel 35 des Ausländergesetzes keineswegs eine Öffnung der Grenzen beschlossen, sondern lediglich die solidarische Umverteilung der unbegleiteten Minderjährigen, die die Kanarischen Inseln ohne Grenzöffnung erreichen. Ohne eine solche Gesetzesänderung müssten sie auf den Kanaren verbleiben. Dort jedoch haben sich über die Zeit rund 5665 Kinder und Jugendliche angesammelt, obwohl es lediglich 2000 Plätze gibt.
Die PP folgte der Logik einer unausweichlichen Gesetzesänderung. Die VOX hingegen bleibt ihrer Linie treu, populistische Narrative zu bedienen, statt an konkreten Lösungen mitzuwirken.
Die Trennung beider Parteien erscheint im Rückblick unausweichlich. Denn die Beziehung zwischen PP und Vox war seit ihrer Gründung im Februar 2021 in der Autonomen Gemeinschaft Kastilien und León permanent angespannt. Schon das Thema Abtreibung brachte die Koalition an ihre Grenze. An der Migration scheiterte sie nun final.
Nach Koalitionsbruch: Spanien stehen politische Scharmützel ins Land
Hinter vorgehaltener Hand wird unterdessen darüber diskutiert, ob die zuletzt schlechten Umfrageergebnisse durch einen öffentlichkeitswirksamen Bruch mit der PP kaschiert werden sollen. Die Populisten standen zuletzt schlechter da.
Auf Seiten der PP hingegen herrscht überwiegende Einsicht, dass die Koalition mit den Rechtskonservativen übereilt geschlossen worden war. Zuletzt war der PP vorgeworfen worden, dass man für den Stimmenfang und den Wunsch nach Einfluss zu weit nach rechts abgedriftet sei. Der Bruch beider Parteien ist damit auch eine Chance für die Partido Popular, das eigene Profil nachzuschärfen. Von der VOX wird unterdessen ein weiterer Rechtsruck erwartet.
Für die betroffenen Regionen bedeutet das nun mögliche politische Scharmützel. So hatte die rechtskonservative Koalition auf den Balearen nach acht Jahren linker Regierung einen Wechsel gebracht. Wie es dort nach dem Koalitionsbruch weitergeht, ist zunächst offen. Genau wie in vielen anderen Regionen des Landes.
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