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Polizisten auf Gran Canaria trotz Gewaltverbrechen befördert und geehrt


Sie haben einen Senegalesen misshandelt und verletzt. In der Folge wurden zwei Polizisten auf den Kanaren verurteilt. Trotzdem blieben sie im Dienst. Einer wurde sogar befördert. Das korrigierte der Oberste Gerichtshof erst jetzt - zwölf Jahre später.

Von Juan Martín Lesedauer: 5 Minuten

Schon vor zwei Jahren hat das Gericht von Las Palmas zwei Polizisten schuldig gesprochen. Rechtskräftig wird das Urteil dennoch erst jetzt. In der Zwischenzeit war einer der beiden Männer auf Gran Canaria geehrt und der andere befördert worden.

Vor Gericht standen die beiden Männer bereits vor Jahren, nachdem sie einen Senegalesen nach der Festnahme verprügelt und schwer verletzt hatten. Die beiden Männer waren gegen das Urteil in Berufung gegangen. Auch die Stadt klagte aus Angst vor Strafzahlungen. Der Oberste Gerichtshof der Kanarischen Inseln (TSJC) bestätigte das Urteil nun, reduzierte jedoch die Haftstrafen.

Die Strafkammer des TSJC verkündete am Dienstag das Urteil, das sich im Wesentlichen mit dem vor zwei Jahren vom Gericht von Las Palmas gefällten Urteil deckt. Allerdings müssen die Männer aufgrund der überlangen Verfahrensdauer nun anstatt siebeneinhalb Jahre nur noch vier Jahre und acht Monate in Haft.

Polizisten auf Gran Canaria werden trotz Gewaltverbrechen und Verurteilung befördert und gehrt

Die beiden verurteilten Beamten, Gilberto M. und Carlos H., sind beide nach dem Urteil in Las Palmas weiterhin im Dienst geblieben. Gegen M. soll bereits wegen geschlechtsspezifischer Gewalt ermittelt worden sein – ein Vergehen, das in Spanien besonders hart geahndet wird. Trotz des laufenden Verfahrens wegen Polizeigewalt und der weiteren Anschuldigung war er rund ein Jahr nach der ersten Verurteilung sogar befördert worden.

Mit dem jetzt rechtskräftigen Urteil geht jedoch ein Berufsverbot einher. Es sieht für jeden der Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Gewalt in Form eines schweren Angriffs auf die moralische Integrität sowie zwei Jahre und drei Monate Gefängnis wegen Körperverletzung vor. Zudem verurteilte der TSJC die Beamten wegen des ersten Delikts zu neun Jahren absoluten Berufsverbots.

Polizei-Gewalt auf Gran Canaria: Stadtverwaltung klagt aus Angst vor Regressforderungen gegen das erste Urteil

Gegen die beiden Beamten wurde nach dem ersten Urteil kein Disziplinarverfahren eingeleitet. Zudem waren sie zu keinem Zeitpunkt vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Auch die Besoldung wurde ohne Einschränkungen fortgesetzt.


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Stattdessen hatte die Stadtverwaltung von Mogán mitgeteilt, dass sie keine disziplinarischen Maßnahmen gegen die beschuldigten Polizeibeamten ergreifen werde, solange das Urteil nicht rechtskräftig sei. Auch entsprechende Aufforderungen des derzeitigen stellvertretende Bürgermeisters Mencey Navarro (Ciuca), der seinerzeit noch zur Opposition gehörte, wurden ignoriert. Navarro hatte nach Sichtung der Videos den damaligen Stadtrat Francisco González (PP) öffentlich dazu auffordert, unverzüglich ein Verfahren gegen die Beamten einzuleiten.

Im Gegenteil hatte das Rathaus von Mogán selbst gegen die erste Verurteilung Berufung eingelegt. Als Grund wurde angegeben, dass sich die Stadt vor eventuellen Forderungen schützen wollte, sollten die verurteilten Beamten die Entschädigung des Opfers nicht zahlen können. Diese waren auf rund 44.000 Euro festgelegt worden.

Polizisten auf den Kanaren jagen Straßenverkäufer, der zuvor bei Gericht ausgesagt hatte

Der Oberste Gerichtshof hatte die Klage abgewiesen und daran erinnert, dass die Taten von Beamten in Ausübung ihres Amts und in “funktionaler Abhängigkeit” von der Stadtverwaltung begangen wurden. Die Verantwortung der Verwaltung ist nach Ansicht des Gerichts “klar und offensichtlich”.

Der Übergriff hatte sich am Abend des 8. Januar 2011 im Einkaufszentrum Puerto Rico zugetragen. Die Beamten waren in Zivil unterwegs und hatten das Opfer dabei beobachtet, wie es im oberen Stockwerk auf der Terrasse eines Restaurants Halsketten verkaufte. Die Verfolgungsjagd begann, als das Opfer die Polizisten erkannte.

S. hatte die Beamten wenige Tage zuvor in einen anderen Fall vor Gericht gesehen. Dort ging es um seinen Cousin, der ebenfalls als Verkäufer sein Geld verdiente und für den er als Zeuge aussagen sollte. Aus Angst um seine Sicherheit rannte er fort, als er die Beamten erkannte.

Beweismittel: Video zeigt Polizeigewalt auf Gran Canaria

Die Verfolgungsjagd endete vor dem Supermarkt des Einkaufscenters. Dort wurde der Verkäufer von M. eingeholt und bekam ein beingestellt. Auf dem Boden liegend begann der Polizist, auf den Verkäufer einzuschlagen und zu treten.

Die Videos des Vorfalls wurden von der Videoüberwachung des Geschäfts aufgezeichnet und im Rahmen des Verfahrens verwendet. Sie stützen die Aussagen des Geschädigten sowie mehrere Zeugenaussagen.

Nach den ersten Gewaltanwendungen “zerrte” der Polizist das Opfer aus dem Supermarkt. Beim Zusammentreffen mit dem zweiten Polizisten begannen beide gemeinsam auf das Opfer “mit Knüppeln oder ähnlichen stumpfen Gegenständen” einzuschlagen.

“Schlagstock-Fraktur”: Polizist bricht Mann den Arm

“Der kleinere von ihnen benutzte so etwas wie einen Stock”, sagte ein Zeuge vor Gericht und verwies dabei auf Carlos H. “Er schlug ihn auf dem Weg dorthin mit einem Knüppel”, sagte ein anderer. Und auch das Opfer gab einem anderen Polizisten später zu Protokoll: “Der Kleinere schlug mich mit einer Eisenstange.”

Dabei hatte das Opfer einen Bruch des linken Arms erlitten. Nach Meinung Sachverständiger handle es sich dabei um eine so genannte “Schlagstockfraktur”.  Diese entstehe typischerweise, wenn sich ein Opfer zu schützen versucht, während der Täter mit einem Schlagstock zuschlägt.

Laut Gerichtsprotokoll hätten die Beamten das Opfer am Gürtel festgehalten und es dann gewaltsam zu Boden geworfen. S. habe dabei “vor Schmerzen geschrien und die in der Nähe stehenden Personen um Hilfe” gebeten.

Gerichts-Protokoll: Opfer von Polizeigewalt auf Gran Canaria taumelt vor Schmerzen

Nachdem er zu Boden gegangen war, legten ihm die Polizisten Handschellen an die rechte Hand und “zogen ihn mit Gewalt zwischen sich, wobei sie ihn am Arm packten und an seinem Gürtel zu den von der örtlichen Polizei und der Guardia Civil genutzten Räumlichkeiten zerrten”, die sich im Erdgeschoss des Einkaufszentrums befinden.

Unterwegs sei “das Opfer vor Schmerzen getaumelt und rief alle Anwesenden um Hilfe an, indem es sie bat, die Guardia Civil zu verständigen”. Vor der Polizeiwache, so heißt es im Bericht weiter, habe sich eine Menschenmenge gebildet. “Einige wurden von der Gewalt der Polizei alarmiert, andere senegalesische Landsleute von S. hatten Angst um dessen Sicherheit.”

Kanaren: Gericht sieht Polizeigewalt als Einschüchterung an

Dieser wurde schließlich von zwei anderen Beamten der Policia Local in das Gesundheitszentrum von Arguineguín und von dort in die Notaufnahme einer Klinik im Süden der Insel gebracht. Dort wurde das Opfer behandelt. Zudem dokumentierten die Ärzte die Verletzungen.

Der Oberste Gerichtshof der Kanarischen Inseln sieht es als erwiesen an, dass die verurteilten Polizisten das Opfer “für seine Arbeit als Straßenverkäufer” schlugen und misshandelten und “um ihn im Hinblick auf seine mögliche Aussage in dem Prozess gegen seinen Cousin einzuschüchtern, in dem einer von ihnen angeklagt war”.

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Juan Martín ist redaktioneller Mitarbeiter von Teneriffa News. Zu seinem Autorenprofil geht es hier.

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