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Flüchtlinge auf die Kanaren: Experten erwarten “skandalöse” Todeszahlen


Erneut ist ein Kind auf der gefährlichen Überfahrt von Afrika auf die Kanarischen Inseln gestorben. Der Todesfall verdeutlicht die Notwendigkeit politischer Lösungen für eine der gefährlichsten Flüchtlings-Routen nach Europa.

Von Johannes Bornewasser Lesedauer: 3 Minuten

Das Drama zwischen den Kanarischen Inseln und Afrika nimmt seit 2019 deutlich zu. “An dieser Realität hat sich leider nichts geändert”, sagt auch Helena Maleno, Aktivistin und Gründerin der Organisation Caminando Fronteras. “Die Kanarische Route ist nach wie vor eine der tödlichsten. Und wir sehen eine große Zahl Frauen und Kinder, die sich auf diese Migrationsreise begeben.”

Gegenüber Inforcasa stellt Maleno die These auf, dass die pandemiebedingte Schließung der Straße von Gibraltar mit dafür verantwortlich sei, dass die Zahlen im Westatlantik und damit insbesondere auf der Kanaren-Route so stark ansteigen.

Die spanische Kommission für Flüchtlingshilfe (CEAR) hatte schon im August einen Anstieg um rund 35 Prozent ausgemacht. In den vergangenen Monaten war dann das Meer oft so ruhig, dass eine erneute Zunahme registriert werden konnte, heißt es.

Und auf diesen Routen gibt es einen weiteren Trend: Bei Flüchtlingen aus dem Bereich südlich der Sahara übersteigt die Zahl der Frauen und Minderjährigen inzwischen sogar die der Männer.

Immer mehr Frauen und Kinder auch unter den Todesopfern

Offizielle Zahlen gehen davon aus, dass auf der gefährlichen Überfahrt aus Afrika allein im ersten Halbjahr 2087 Menschen auf den verschiedenen Routen starben oder verschwanden. Davon sollen 341 Frauen und 96 Kinder gewesen sein.

Camino Fronteras errechnete, dass neun von zehn Ertrunkenen oder Verschwundenen auf die Kanaren-Route zurückzuführen seien. Das bedeutet einen Anstieg um deutlich mehr als 500 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Maleno spricht von “skandalösen Zahlen”. Sie rechne damit, dass die Todeszahlen bis Ende des Jahres sogar noch einmal deutlich ansteigen werden.


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Einer der Hauptgründe sei die fehlende Erfahrung beim Navigieren allgemein, insbesondere aber in Bezug auf den Atlantik. Viele der Boote erfüllen die Anforderungen an eine Überquerung des Gewässers nicht. Beides zusammengenommen mache eine Überfahrt zum Himmelfahrtskommando.

NGO: Menschenleben haben “eindeutig keine Priorität”

Besonders problematisch sei die mangelhafte Koordination zwischen den Behörden in Marokko und dem spanischen Staat. Laut Maleno verließen viele der Boote von Marokko angeblich überwachte Bereiche. Von dort erfolgen die Warnungen jedoch zu spät.

Die Aktivistin sieht geopolitische Spielchen als Hauptgrund für die schlechte Kommunikation an: “Die Tatsache, dass es Menschen gibt, die diese Route überqueren, wirft die Frage auf, wem das Gebiet an Land, aber auch auf dem Meer gehört”.

Aus ihrer Sicht müsste das Retten der Menschenleben an erster Stelle stehen, doch dies habe “eindeutig keine Priorität”. Die bittere Erkenntnis der Expertin lautet: “Wir werden abwarten müssen, wie sich die bilateralen Beziehungen zwischen den Staaten entwickeln”.

Im Jahr 2006, das in Anlehnung an den Namen der kleinen Boote mit denen Migranten übersetzen, als Jahr der “Cayuco-Krise” in die kanarische Geschichte einging, war ein schnelles und beherztes Handeln aus Madrid der Schlüssel zum Erfolg. Seinerzeit konnte die Migrationsroute dadurch nahezu geschlossen und das Sterben im Atlantik beendet werden. Diesmal jedoch ist seitens des spanischen Staats kaum ein Vorstoß zu vernehmen. Auch daher kommt der Frust bei der kanarischen Politik, wie der nachfolgende Beitrag zeigt:

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Johannes Bornewasser ist Herausgeber von Teneriffa News. Er hat zudem die redaktionelle Verantwortung inne. Zu seinem Autorenprofil geht es hier.

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