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Exklusiv-Interview zu Corona-Virus auf Teneriffa: “Wir sind nie getestet worden”


Von Johannes Bornewasser Lesedauer: 5 Minuten

Rund 600 Touristen harren weiterhin auf Teneriffa in einem wegen des Corona-Virus abgeriegelten Hotel aus. Während Großbritannien und Belgien Rückhol-Aktionen für die eigenen Landsleute starten, spielen die deutschen Behörden auf Zeit. Teneriffa News sprach mit einem Betroffenen über die aktuelle Lage, die Rolle des Außenministeriums und die Situation hinter den Hotel-Mauern.

“Alle Briten sind inzwischen getestet worden. Sie dürfen nach Hause und dort den Rest der Quarantäne absitzen. Wir dagegen erfahren hier nichts”, sagt Eduard Stark. Der Bayer gehört zu den 723 Personen, für die am 24. Februar in ihrem Hotel auf Teneriffa eine Ausgangssperre verhängt wurde. Ein Italienischer Tourist hatte das Coronavirus eingeschleppt. Seither sind vier weitere Personen seiner Reisegruppe von dem Virus betroffen. Die kanarische Regierung ließ das Hotel daraufhin abriegeln.

Corona-Quarantäne auf Teneriffa: Deutsche müssen bleiben, Briten und Belgier dürfen heim

“Wir haben am Montag etwas vom Konsulat bekommen. Das war das bisher konkreteste”, sagt Stark. Gemeint ist ein Dokument von der deutschen Botschaft in Madrid mit Bundesadler im Briefkopf. In dem Schreiben, das Teneriffa News vorliegt, heißt es, ein einmaliger Test würde vor Ablauf der 14-tägigen Inkubationsphase keine ausreichende Sicherheit bieten. Fluggesellschaften würden Passagiere so nicht befördern.

Demgegenüber steht ein zweites Schreiben aus Großbritannien, das der Redaktion ebenfalls zugespielt wurde. Darin heißt es, dass sich alle Briten, die den Heimweg antreten möchten, kurz vorher testen lassen müssen. Das Ergebnis liege dann in drei bis zwölf Stunden vor. “Sie müssen ein negatives Testergebnis vorweisen, um das Hotel verlassen und nach UK zurückkehren zu können”, heißt es weiter.

Ausreise UK Hotel Teneriffa Costa Adeje Corona-Virus

Britische Gäste dürfen bei negativem Test auf das Corona Virus nach UK ausreisen. Die Formalitäten werden an einem provisorischen Tisch geprüft (unten links im Bild), dann geht es mit Bussen zum Flughafen. Foto: anonym / Teneriffa News

Auch aus Belgien gibt es einen entsprechenden Vorstoß. In einem Schreiben, das Teneriffa News inzwischen ebenfalls vorliegt, heißt es: “Wir haben die spanischen Behörden gebeten, dass alle belgischen Touristen von einer ähnlichen Behandlung wie die Briten profitieren können.” Zwischen dem belgischen und dem spanischen Gesundheitsministerium sei vereinbart worden, “dass Belgien die Überwachung asymptomatischer belgischer Touristen in Belgien gemäß den festgelegten Standards übernimmt.” Die Rückholaktion soll am Donnerstag gegen 16 Uhr starten. In ihrer Heimat werden die belgischen Staatsangehörigen dann am frühen Freitagmorgen erwartet.

“Wir sind dagegen bisher noch kein einziges Mal getestet worden”, sagt Stark. “Der deutsche Staat spart Geld”, kommentiert er den für ihn entscheidenden Abschnitt des Schreibens. Darin heißt es: “Nach Beschluss des Krisenstabs der Bundesregierung sollen Quarantänemaßnahmen in dem EU-Staat beendet werden, in denen sie verfügt wurden.


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Corona-Virus im Hotel auf Teneriffa: “Ich hoffe, dass keine weiteren Infektionen entstehen”

Für Stark und seine Familie wäre eine Ausreise nach negativem Corona-Test deutlich logischer als der Verbleib im Hotel: “Ich hoffe, dass keine weiteren Infektionen entstehen. Die Sicherheitsmaßnahmen sind schlecht. Von der Logik her müssten doch alle aufs Zimmer, um sich nicht gegenseitig anzustecken. Aber die meisten Gäste laufen frei herum”, sagt der 58-Jährige. “Im Restaurant fassen am Buffet ja sogar alle das gleiche Besteck an.”

Im Hotel selbst sei der Alltag gut auszuhalten. “Das Essen ist einwandfrei und das Hotelpersonal wirklich super”, sagt Stark: “Aber die Organisation der Behörden scheint für uns mangelhaft zu sein.” Seine Familie habe sich Fahrräder gemietet. “Die stehen jetzt auf dem Balkon.” Während das Hotelpersonal abends ganz normal das Hotel verlassen könne, dürfen sie weder die Räder noch den Mietwagen zurückgeben.

“Man kann die Fahrräder und den Autoschlüssel doch problemlos desinfizieren. Aber sie dürfen nicht raus”, sagt Stark. Zwar hätten sowohl der Verleiher als auch die Autovermietung bereits angekündigt, keine Nachforderungen stellen zu wollen, “aber die wollen doch auch weiterarbeiten. Ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen den Firmen gegenüber. Und andere Personen kommen und gehen hier ganz normal ein und aus.”

Coronavirus auf den Kanaren: “Es ist wirklich alles in Ordnung”

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Fotos: So sieht’s im Corona-Hotel auf Teneriffa aus
Fotos: So sieht's im Corona-Hotel auf Teneriffa aus

Im Hotel sei dagegen vieles wie immer. “Das Buffet ist etwas kleiner als vor der Quarantäne, aber ganz ehrlich: Uns geht’s hier schon gut”, sagt der Familienvater. Der Zimmerservice sei natürlich eingestellt worden und auch die Betten würden derzeit nicht frisch bezogen, “aber wir bekommen regelmäßig frische Handtücher. Das reicht uns vollkommen.” Zudem sei der Ausblick aus dem Zimmer toll. “Unser Balkon liegt zum Pool hin. Es ist wirklich alles in Ordnung.”

Die Familie selbst nutze die Pool-Landschaft zwar nicht, “aber es gibt einige Gäste, die mit Mundschutz am Swimmingpool liegen”, sagt Stark. Beim Essen sei es ähnlich. Rund ein Drittel der Gäste komme regelmäßig ins Restaurant. Er selbst hole die Mahlzeiten mit seinem Sohn nur dort ab, die Familie isst dann gemeinsam auf dem Zimmer. “Ein Freund von uns lässt sich ausschließlich Lunchpakete aufs Zimmer bringen. Das Personal macht vieles möglich.”

Corona-Virus auf Teneriffa: Kritik an Krisenmanagement und Informationspolitik

Wie lange die Familie noch im Hotel in Costa Adeje bleiben muss, wurde nie konkret gesagt. “Ich denke mal, dass wir noch bis mindestens einschließlich nächsten Montag hier festsitzen”, sagt Stark. Die Familie gehe aber gelassen mit der Situation um. “Mein Sohn hat eigentlich seit Montag wieder Schule. Er nimmt es wohl am lockersten von uns allen.”

Trotzdem stört sich der Mediziner daran, dass keine flächendeckenden Tests durchgeführt werden: “Man müsste doch einfach einmal alle durchtesten. Es kann doch sein, dass ich heute von einem anderen Gast infiziert worden bin und das Virus bald dem nächsten weitergebe. Wir wissen es aber nicht. Ich würde einfach gern mal einen echten Plan sehen.” Er hoffe, dass sich die Informationspolitik in den kommenden Tagen verbessert.

Den britischen Touristen wünscht Stark hingegen eine gute Heimreise. Er selbst genießt nun wieder seinen Liegestuhl. “Ich habe ja Zeit”, sagt Eduard Stark. Dann geht die Balkontür auf und die Geräusche von frischer Meeresbrise und dem Treiben am Pool dringt wieder ins Zimmer. Für einen kurzen Moment klingt es wie ein ganz normaler Teneriffa-Urlaub.

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Johannes Bornewasser ist Herausgeber von Teneriffa News. Er hat zudem die redaktionelle Verantwortung inne. Zu seinem Autorenprofil geht es hier.

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