Selbst die Gewerkschaften wirken hilflos. Ihr Aufruf an die kanarische Politik, sich mehr für Jugendliche und junge Erwachsene einzusetzen, verhallt im luftleeren Raum der Pandemie. Die Zukunftsaussichten für junge Leute auf den Kanaren sind düster.
Die jüngste Arbeitskräfteerhebung (EPA) zeigt, dass rund 50 Prozent der Unter-25-Jährigen ihren Arbeitsplatz verloren haben. Noch schlechter sieht es aus, wenn nur die Zahl der 16- bis 19-Jährigen betrachtet wird. In dieser Gruppe wurden 88 Prozent der Arbeitsplätze an die derzeitige Situation verloren. Im ersten Quartal des Jahres fanden auf dem gesamten Archipel noch 600 Heranwachsende eine Beschäftigung.
Dies bedeutet, dass neun von zehn Menschen im Alter zwischen 16 und 19 Jahren, die in der Arbeitswelt durchstarten möchten, keinen Job finden. Bereits auf nationaler Ebene ist die Zahl mit 58 Prozent hoch. Doch die Kanarischen Inseln haben damit einen landesweiten Negativ-Rekord aufgestellt. Unter jungen Frauen im gleichen Alter ist die Situation noch prekärer. Bei ihnen beträgt die Arbeitslosenquote fast 100 Prozent.
Die Comisiones Obreras (CC OO) und die Unión General de Trabajadores (UGT) haben die regionale Regierung zum Handeln aufgefordert. “Auf den Kanarischen Inseln muss etwas getan werden. Wir erben ohnehin schon eine Situation aus der Vergangenheit, in der nicht in die Jugend investiert wurde”, sagte die Sekretärin für Gleichberechtigung der UGT auf den Kanarischen Inseln, Mirna Ortega.
Sie sieht ein langfristiges Problem: “Heute haben sie keine Arbeit und können sich nicht emanzipieren oder eine volle persönliche und berufliche Entwicklung erleben. Es gibt niedrige Gehälter, Überqualifizierung und einen großen Mangel an Motivation. In Zukunft werden es dann die Renten sein. Die Situation ist und bleibt so auf ewig prekär”, sagte Ortega weiter.
Gewerkschaften: “Junge Menschen sind die Vergessenen”
Auch für Esther Martín von CC OO liegt das Problem wesentlich tiefer begründet als nur in der aktuellen Sonder-Situation: “Junge Menschen waren schon immer die großen Vergessenen der Regierungen der Kanarischen Inseln.” Dies sei unabhängig der regierenden Parteien. Doch “der Jetzigen fehlt jede Dynamik, etwas an der Situation junger Menschen zu ändern”, kritisiert Martín.
Die für die Jugend zuständige Ministerin Noemí Santana habe zwar ein Gesetz angekündigt, “aber am Ende hat sie uns nicht einmal getroffen. Die Situation ist ernst. Junge Menschen haben keine Hoffnung mehr und das ist nicht mehr nur ein Problem der Jugend, sondern der gesamten Gesellschaft der Kanarischen Inseln”, sagte Martín.
Arbeitsamts-Chefin: “Junge Menschen müssen sich bewegen”
Die Direktorin des kanarischen Arbeitsamts, dem Servicio Canario de Empleo (SCE), sieht das anders. Zwar erkennt Dunnia Rodríguez grundsätzlich die Problematik an, gleichzeitig verweist sie jedoch auf zahlreiche Programme zur Verbesserung der Lage junger Erwachsener.
Es gebe 55 Millionen Euro, um jungen Erwachsenen Aus- und Weiterbildungen zu ermöglichen. “Die Regierung der Kanarischen Inseln ist über die Situation besorgt. Daher gibt es zahlreiche Maßnahmen und Programme”.
Jugend-Arbeitslosigkeit: Regierung spricht von Kommunikationsproblem
Laut Rodríguez müssten sich junge Menschen jedoch etwas “bewegen”, um eine Beschäftigung zu finden: “Es gibt ein zentrales Problem. Ein junger Mensch kann nicht zu Hause bleiben, sondern muss umziehen, um eine Beschäftigung zu finden.” Es gebe das Geld und die Programme, “aber oft greifen die Leute nicht darauf zu, weil sie nicht davon wissen”, sagt Rodríguez.
Insbesondere der letzte Satz lässt aufhorchen. Denn wenn es sich tatsächlich um ein Kommunikationsproblem handelt, wäre die Regierung gefragt, dies zu lösen. Stattdessen verweist sie auf einen Plan des Europäischen Sozialfonds plus, der in diesem Jahr gestartet wird. Aus Brüssel werden dabei Mittel zur Verfügung gestellt. Die kanarische Regierung warte derzeit auf Informationen.
In der Zwischenzeit sieht die Jugendministerin die Verantwortung auch bei den jungen Menschen selbst. Laut Rodríguez hat bei den unter 25 Jahre alten Arbeitslosen etwa die Hälfte keinen Abschluss. 41 Prozent hätten die Educación Secundaria Obligatoria (ESO), also die Sekundarstufe beendet. Nur 4,7 Prozent haben demnach eine Berufsausbildung abgeschlossen und 3,2 Prozent seien Hochschulabsolventen. Ob und wie sich das auch politisch beeinflussen lässt, ließ die Ministerin offen.
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