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„Abzocke“: Die Tricks der Mietwagen-Anbieter auf den Kanaren


Die Zeit der günstigen Mietwagen auf den Kanaren ist vorüber. Noch immer sind Leihautos auf dem Archipel im EU-Vergleich erschwinglich. Doch mit den Vorpandemie-Preisen hat die Branche längst nichts mehr zu tun. Viel ärgerlicher sind jedoch immer öfter die Begleitumstände - zumindest bei einigen Anbietern.

Von Johannes Bornewasser – letzte Änderung: – Lesedauer: 4 Minuten – 0 Leserkommentare bei Teneriffa News

Walter Eschenmoser hat bei „Record – rent a Car“ auf Teneriffa einen Leihwagen gebucht. Der Schweizer ist einer von vielen Tausend Kunden jeden Monat. Und genau wie zunehmend mehr Menschen auf den Kanaren, erlebte er eine Enttäuschung.

Eschenmoser ist ein bedachter Mensch. „Falls es sich um ein Versehen handeln sollte, kann ich ein gewisses Verständnis aufbringen“, sagt er. Dann ergänzt der Teneriffa-Fan: „Aber mittlerweile glaube ich, dass dahinter Absicht oder Kalkül stecken – sich an gutgläubigen Kunden zu bereichern.“

„Record – rent a Car“ ist eines von vielen Unternehmen, die plötzlich auf den Kanarischen Inseln Leihwagen anbieten. Gab es früher eine Handvoll Firmen, die meisten davon bis heute mit sauberem Geschäftsgebaren, sind es inzwischen Dutzende. Oft handelt es sich um Billigmarken der klassischen Anbieter. Doch auch neue eigenständige Unternehmen sind auf dem Markt aufgetaucht. Das Geschäft gilt als lukrativ. Daher werden immer mehr Zusatz-Dienste verkauft, teilweise aufgedrängt. Eschenmoser ist mit seinen Problemen entsprechend nicht allein:

Mietwagen-Firmen auf den Kanaren in der Kritik

Der Schweizer, der unter anderem aus gesundheitlich Gründen mehrfach auf Teneriffa weilte, entscheid sich in diesem Jahr für „Record“. Eigentlich, so dachte er, sei bei Abholung bereits alles bezahlt gewesen. Doch dann sei bei Vertragsunterzeichnung eine Kaution von 86 Euro verlangt worden. „Keine Sorge, Sie bekommen das Geld innerhalb von zehn Tagen zurück“, habe es geheißen. Auch mehrere E-Mails und Wochen später ist das Geld nie erstattet worden.

Nicht nur Eschenmoser hat Probleme. Im Internet mehren sich die Beschwerden. Rudolf Löffler berichtet, dass sein bereits bezahltes Fahrzeug erst freigegeben worden sei, nachdem eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen wurde. Auch Chris Ledesma wurde eine Zusatzversicherung aufgedrängt, berichtet er.

Viele Kanaren-Mietwagen-Unternehmen schwierig zu erreichen

Das Unternehmen reagiert mit Bedauern auf die Beschwerde. Man verweist dort auf den Kundenservice. Doch der versteckt sich hinter allgemeinen Mail-Adressen.

Genau das bemängeln auch andere Kunden: In der Eile würden Versicherungen verkauft und Kautionen abgebucht. Bei Rückgabe habe es das Personal dann eilig und verweise auf den automatisierten Prozess. Zunehmend mehr Kunden berichten dann, ihr Geld nicht zurück zu bekommen und aus der Ferne nichts mehr ausrichten zu können.

Kanaren-Mietwagen: Versicherungen und „faire Tankregelung“

Auch die Versicherungen werden zunehmend zum Problemfall. Helmut Kießling berichtet von einer Automiete auf Fuerteventura: „Auch mir wurde bei Thrifty, trotz Vollkasko, nachträglich eine Versicherung in Höhe von 130 Euro berechnet. Zudem wurde meine Unterschrift auf dem Versicherungsformular gefälscht.“ Kießling berichtet, erst lange ignoriert worden zu sein. Dann habe er den Vermittler, „Check24“, eingeschaltet. Dort habe man sich „bei der Beschwerde auch nicht sonderlich bemüht“. Kießling wandte sich an seinen Kreditkartenanbieter: „Letztendlich konnte ich nach über sechs Monaten eine Rückbuchung veranlassen.“

Weitere Beschwerden drehen sich um die Tankregelung. Karl-Georg Schmelz berichtet, seinen Wagen etwa drei Kilometer vom Airport entfernt vollgetankt zu haben. Nach seiner Rückkehr dann die Überraschung: Es wurden 35 Euro einbehalten – zehn Euro fürs Nachtanken und 25 Euro Servicegebühr. Auf seine negative Bewertung reagiert das Unternehmen mit Hinweis auf das Beschwerdemanagement: Man solle ein allgemeines Web-Formular nutzen.

So hat es Walter Eschenmoser getan. Er bekam eine mehrsprachige Antwort mit Fallnummer. „Unsere Priorität ist, Ihre Situation zu lösen, und Ihre Fragen so schnell wie möglich zu beantworten“, ist in der Nachricht zu lesen. Der Schweizer setzte eine Frist von mehreren Wochen. Eine Reaktion steht bis heute aus.

Auch Teneriffa News hat versucht, Kontakt zum Unternehmen aufzunehmen. Doch immer wieder endet die Suche nach einem Ansprechpartner bei allgemeinen Reservierungs-Mail-Adressen aus dem jeweiligen Land.

Vergleichsportale haben inzwischen eigene Kategorien geschaffen. So filtert „Check 24“ beispielsweise gezielt Angebote aus. Zu lesen ist dort: „Für ein gutes Mieterlebnis haben wir kostenlos stornierbare Angebote mit fairer Tankregelung und guten Bewertungen vorgefiltert.“ Dann gibt es die Möglichkeit „dennoch alle Angebote“ anzeigen zu lassen.

Der Preis für im Umkehrschluss unfaire Angebote beträgt weniger als ein Viertel des ersten „fairen“ Angebots. Für Kunden sollte das möglicherweise ein Alarmsignal sein. Andererseits hält „Check 24“ diese Dumping-Angebote dennoch vor. Einige Interessenten verlasen sich dann auf den Ruf des Vergleichsportals.

Unser Mietwagen-Tipp für die Kanaren

Das böse Erwachen kommt meist erst bei der Rückkehr. Auch unsere Redaktion hat bereits mehrere Mietwagen-Unternehmen getestet. Nur in einem Fall wurde ein kaum beschädigtes Fahrzeug bei Übergabe korrekt beschrieben. In allen anderen Fällen wies der Leihwagen mehr Kratzer, Dellen oder andere Mängel auf, als im Übergabeformular festgehalten waren.

Daher ist es äußerst sinnvoll, vor Abfahrt, mit gut sichtbarem Flughafen im Hintergrund, sehr sorgfältig alle Beschädigungen auf Fotos und Videos festzuhalten. Bei Rückgabe sollten Kunden darauf bestehen, das Protokoll und mögliche Neu-Schäden mit den Bildern abzugleichen. Das gilt ebenso gilt für die Tankanzeige. Wichtig ist, eine Kopie des korrekt ausgefüllten Rückgabeformulars einzufordern.

In einem Fall sollten auch wir für vermeintlich entstandene Schäden aufkommen. Erst ein Abgleich mit den vor Abfahrt aufgenommenen Bildern und das Vorlegen der Tankquittung sorgten für die vollständige Rückerstattung der Kaution.

Kanaren-Mietwagen: Das Spiel mit der Kudnen-Geduld

Walter Eschenmoser sieht den ganzen Fall inzwischen sportlich. Das Papier sei seiner Frau allmählich auf die Nerven gegangen. Sie habe es abgeheftet und weggestellt. Eigentlich möchte sie sich einfach aus dem Fall zurückziehen und die 86 Euro abschreiben.

Ihr Mann sieht das anders: „Ich bin etwas hartnäckiger.“ Eschenmoser geht es dabei weniger ums Geld. Er hofft auf einen positiven Ausgang. Denn mit Blick auf den Anbieter und die Restwahrscheinlichkeit eines Versehens sagt er: „Teneriffa hat einfach Besseres verdient.“

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Über den Autor

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Johannes Bornewasser

Johannes Bornewasser ist Gründer und Herausgeber der Teneriffa News. Er hat zudem die redaktionelle Verantwortung inne. Zum Autorenprofil von Johannes Bornewasser.

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