Die Lampedusa-Reise von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auf den Kanarischen Inseln für Verstimmung gesorgt. Der in Italien verabschiedete Zehn-Punkte-Plan müsse auch für die Kanaren gelten, sagte Kanaren-Präsident Fernando Clavijo in einer ersten Reaktion.
Die Kanarischen Inseln haben sich über Jahre von der spanischen Zentralregierung und in Brüssel vergessen gefühlt. Nun endlich räumte man in Madrid mehr Mitspracherecht ein. Doch die Kanaren wollen mehr.
Auf dem Archipel sind in diesem Jahr rund 15.000 Migranten angekommen. Sie setzen mit den meist hochseeuntauglichen Cayucos vom afrikanischen Kontinent aus über. Und in diesem Jahr ist die Zahl der Hilfesuchenden bereits so hoch, wie im gesamten Vorjahr. Die Politik reagiert darauf wie folgt.
EU beschließt schnellere Asylverfahren oder Rückführungen auf Lampedusa – Kanaren fordern ähnliches
“Nach dem Besuch der EU-Präsidentin in Lampedusa und den zehn vereinbarten Punkten wünsche ich mir, dass die Kanarischen Inseln von der Europäischen Union und der spanischen Regierung gleich behandelt werden”, sagte Clavijo.
Der Notfallplan, den Von der Leyen am Sonntag zur Eindämmung der irregulären Einwanderung auf der italienischen Insel Lampedusa vorstellte, sieht die Verteilung der Asylbewerber auf die verschiedenen Mitgliedsländer vor. Zudem soll Frontex, das die europäischen Grenzen und Küsten überwacht, gestärkt werden. Hinzu komme eine Erleichterung für Asylanträge – sofern alle Bedingungen erfüllt sind. Alternativ solle eine beschleunigte Rückführung stattfinden.
Kanaren fordern Besuch der EU-Spitzenpolitik und “Gleichbehandlung”
Seitens der rechtsextremen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wurde der EU-Kommissionspräsidentin ein Antrag überreicht. Demnach solle die EU Boote noch auf dem Meer stoppen und zurück schicken. Auch wenn der Zehn-Punkte-Plan der EU ein solches Vorhaben nicht vorsieht, erklärte Von der Leyen, den Antrag studieren zu wollen.
Der Sprecher der kanarischen Regierung, Alfonso Cabello, bestätigte, dass die Regierung der Kanarischen Inseln sowohl bei Spaniens Präsident Pedro Sánchez als auch bei Von der Leyen um einen Besuch gebeten habe. Zudem habe man offiziell um Gleichbehandlung ersucht. Man fordere von Madrid und Brüssel “mitverantwortliche Lösungen für eine Migrationskrise, die ganz Europa betrifft”.
Kanaren zählen bislang 15.000 Migranten
Angaben des Innenministeriums zufolge, sind in den ersten zwei September-Wochen 2920 Migranten auf den Kanarischen Inseln angekommen. Das sei mehr als das Dreifache im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gewesen. Im August waren es etwa gleich viele Ankömmlinge.
In der dritten September-Woche wurden bislang 368 Migranten gezählt. Zusammen spricht das Innenministerium von bisher knapp 15.000 registrierten Migranten, die auf den Kanarischen Inseln angekommen sind. Das sei ein Anstieg um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Seit 2021 erreichten etwa 2700 unbegleitete Minderjährige die Kanaren. Diese werden per Gesetz geschützt. Doch die Kanarischen Inseln werden bisher mit der Verantwortung alleingelassen. Denn nur 346 Betroffene wurden in andere Autonome Gemeinschaften umgesiedelt. Die Regional-Regierung fordert auch dabei eine Reaktion aus Madrid: “Der Staat muss eine verbindliche Regelung schaffen”, sagte Calvijo mit Blick auf eine gerechte Verteilung im Land.
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