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Nach Kanaren-Rückzug: Ryanair „nimmt Passagiere als Geiseln“


Aena wirft Ryanair "Unehrlichkeit" vor. Die Airline hatte angekündigt, sich von den Kanaren ganz oder teilweise zurückzuziehen. Verbraucherschützer und Politiker reagieren überraschend.

Von Johannes Bornewasser – letzte Änderung: – Lesedauer: 2 Minuten – 0 Leserkommentare bei Teneriffa News

„Die Diskrepanz zwischen der operativen Exzellenz eines Unternehmens und der Unehrlichkeit seiner Kommunikationspolitik ist erstaunlich!“ Mit diesen Worten beginnt Aena-Chef Maurici Lucena einen Rundumschlag gegen Europas größte Billig-Fluglinie. Kurz zuvor war ein Streit zwischen Spaniens Flughafenbetreiber und Ryanair eskaliert.

Die Giftpfeile aus Madrid gelten Eddie Wilson, CEO von Ryanair. Die irische Airline hatte angekündigt, aufgrund der um 68 Cent pro Passagier steigenden Flughafengebühren, Flüge vor allem auf die Kanaren zu streichen und Airports komplett zu verlassen.

Etwa 400.000 Kanaren-Flüge wurden aus dem Winterflugplan gestrichen, dazu Teneriffa-Nord ganz aus dem Programm genommen. Auf weiteren Regionalflughäfen wurden Kapazitäten gekürzt, eine Basis ganz geschlossen. Das alles wegen der ersten Gebührenerhöhung seit zehn Jahren. Jetzt teilt Aena-Chef Lucena aus – und Teneriffas Insel-Politik überrascht.

Streit zwischen Ryanair und Aena eskaliert

Für den Aena-Chef, sei es „schwierig, in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte einen anderen Fall dieser Art zu finden wie den von Ryanair“. Lucena wirft dem Unternehmen vor, „eine beunruhigende plutokratische Auffassung des politischen Systems“ zu haben.

Die Airline übe öffentlichen Druck auf die Regierungen in halb Europa aus, sagte der oberste Flughafen-Chef Spaniens weiter und ergänzte: „um sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen“ würden Einschüchterungsversuche unternommen und „falsche Aussagen“ gegenüber demokratischen Institutionen getätigt.

Für Aena seien die Behauptungen Ryanairs nicht nachvollziehbar. So zog sich die Airline vor allem von Regionalflughäfen zurück. Dort lägen die Gebührenerhöhungen signifikant unterhalb derer an Groß-Airports.

Lucena kommt zu dem Schluss: „Es stimmt also nicht, dass Ryanair Strecken an diesen Flughäfen streicht, weil die Gebühren dort zu hoch sind. Die Realität ist prosaischer: Ryanair streicht sie, weil das Unternehmen seine Flugzeuge an Flughäfen verlegt, an denen es höhere Preise für seine Flugtickets verlangen und so mehr Geld verdienen kann.“

Kanaren trotz Ryanair-Rückzug vorerst entspannt

Auf Teneriffa nahm Insel-Vizepräsident Lope Afonso den angekündigten Rückzug zunächst entspannt zur Kenntnis: Es handle es sich dabei „nicht um einen signifikanten Verlust“. Denn man reche auf der größten Kanaren-Insel fest damit, dass andere Fluglinien die freiwerdenden Kapazitäten übernehmen würden.

Die kanarische Verbraucherschutz-Organisation Facua sieht in der Ankündigung sogar einen Bluff. Generalsekretär Rubén Sánchez wird mit den Worten einer „Erpressungsstrategie“ zitiert. Er rechne jedoch nicht mit einem tatsächlichen Rückzug, schließlich würden weiterhin Tickets für die Wintersaison verkauft. Sánchez kommt zu dem Schluss: „Wir glauben, dass die Regierung und Aena der Erpressung, die unsere Passagiere als Geiseln nimmt, nicht nachgeben sollten.“

Der Aena-Chef wird derweil noch deutlicher: „Es ist eine Schande, dass die Kommunikations- und Unternehmenspolitik von Ryanair von Selbstgerechtigkeit, Unhöflichkeit und Erpressung geprägt ist“, sagt Lucena. Eine Reaktion aus Madrid, immerhin ist Spanien indirekter Mehrheitsgesellschafter von Aena, steht unterdessen weiter aus.


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Johannes Bornewasser

Johannes Bornewasser ist Gründer und Herausgeber der Teneriffa News. Er hat zudem die redaktionelle Verantwortung inne. Zum Autorenprofil von Johannes Bornewasser.

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