So ausgeklügelt ist Teneriffas Trinkwasser-System


Jedes Jahr müssen auf Teneriffa viele Millionen Euro für Leitungswasser ausgegeben werden. Das ist der Grund.

Von Juan Martín – letzte Änderung: – Lesedauer: 2 Minuten – 0 Leserkommentare bei Teneriffa News

In den Höhen von La Guancha, tief im Pinienwald des Corona Forestal auf Teneriffa, rauscht unaufhörlich ein Strom. Aus den beiden Vergara-Trinkwasserstollen am Teide sprudeln stündlich rund eine Million Liter Wasser – ununterbrochen, Tag für Tag. Damit gehören sie zu den ergiebigsten unter den insgesamt 588 aktiven Stollen und 180 Brunnen auf Teneriffa, die zusammen 70 Prozent des Trink- und Brauchwassers der Insel liefern.

Dieses System ist einzigartig: Seit Mitte des 19. Jahrhunderts haben Landwirte in Eigenregie Stollen in den Vulkan gebohrt, um ihre Felder zu bewässern. Heute bestimmen rund 200 Wasser­gemeinschaften mit etwa 20.000 Anteilseignern den Markt.

Für viele ist das Wasser Geschäftsgrundlage: Es wird den Gemeinden verkauft, die es dann weiterverteilen. Der Preis orientiert sich an der „Pipa“. Sie umfasst 480 Liter und kostet durchschnittlich 30 Cent. Aufgerechnet geben die Rathäuser jährlich fast 50 Euro pro Einwohner für Wasser aus, in Summe rund 48 Millionen Euro.

Trinkwasserverlust auf den Kanaren normal

Die technische Infrastruktur ist beeindruckend: Kilometerlange Kanäle und Leitungen, Zähler, Pumpwerke, Belüftungssysteme, Schienen für Loren – ein fein abgestimmtes Netz, das von den „Canaleros“ gepflegt wird.

Arbeiter überwachen die Stollen und Leitungen – oft über Generationen. Ihr Einsatz sorgt dafür, dass die Verluste bei Vergara bei kaum einem Prozent liegen – ein Wert, der auf den Kanaren nahezu einzigartig ist.

Private Wasserversorgung aus Sicht der Kanaren besser

Doch die Zukunft ist ungewiss. Nach geltender Gesetzeslage würden alle privaten Wasserrechte 2040 an den Staat fallen. Das Cabildo warnt: Die öffentliche Hand sei weder vorbereitet noch finanziell in der Lage, diese gigantische Versorgung zu übernehmen – mit der Folge einer möglichen Versorgungskrise. Deshalb fordert man, die Gesetzgebung zu ändern und die privaten Genehmigungen zu verlängern.

Die Beispiele zeigen die Abhängigkeit: In La Laguna fließen 24 Millionen Pipas jährlich aus den Stollen in die Netze, in La Orotava stammen 96 Prozent des Wassers aus den Stollen. El Rosario deckt fast 70 Prozent seines Bedarfs so ab, während Santa Cruz inzwischen auf Meerwasserentsalzung setzt – ab 2027 sogar komplett.

Wasser als „flüssiges Gold“ auf Teneriffa

Trotz wachsender Bedeutung der Entsalzung bleibt das Argument der Wasser­gemeinschaften stark: Trinkwasserstollen arbeiten fast ohne Energieaufwand, oft mit eigener Kleinwasserkraft. Zudem sind die Besitzanteile breit gestreut – in Vergara etwa hält niemand mehr als vier Prozent. Die Rendite für Anteilseigner liegt zwischen 5000 und 30.000 Euro pro Jahr, abzüglich der Unterhaltskosten.

Die Quelle des Reichtums ist unsichtbar, verborgen im Lavagestein, gespeist aus Regen und Schnee, die sich ihren Weg durch die poröse Vulkanlandschaft bahnen. Wer dort arbeitet, verbindet Natur, Technik und jahrhundertealte Tradition – und sichert Teneriffa jeden Tag das Überleben auf einer Insel, in der Wasser mitunter als flüssiges Gold bezeichnet wird.

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Über den Autor

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Juan Martín

Juan Martín ist freier Journalist bei Teneriffa News. Er ist auf den Kanaren zu Hause und kennt sich dort bestens aus. Zum Autorenprofil von Juan Martín.

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